top of page

„Es gibt nur das Versuchen“ - Robert Redfords Vermächtnis für den Umgang mit Scheitern

In Deutschland tun wir uns schwer mit dem Thema Scheitern. Wer scheitert, wird schnell als „gescheitert“ abgestempelt. In einer Kultur, die stark auf Erfolg ausgerichtet ist, bleibt oft kein Raum für Fehlversuche, Irrwege oder Experimente, die nicht sofort glänzen. Dabei entsteht genau dort, im vermeintlichen Fehlschlag, das Neue.



Mut heißt, den ersten Schritt am Berg zu setzen, auch ohne Garantie für den Gipfel
Den ersten Schritt am Berg zu setzen ist wichtiger als die Garantie, den Gipfel je zu erreichen. – Einfach mal machen ...

Beim ersten Talk in Art vor einigen Tagen im Kunsthaus Taunusstein mit Prof. Dr. Dennis Lotter, Inhaber des Lehrstuhls für Sustainable Leadership and Change an der Hochschule Fresenius in Idstein, haben wir darüber gesprochen, wie sehr uns eine echte Kultur des Scheiterns fehlt. Statt Misserfolg zu fürchten, sollten wir ihn als Teil des Weges begreifen – als notwendige Bewegung, die uns weiterbringt.


Ein Satz von Robert Redford bringt das wunderbar auf den Punkt. In einem Interview mit Lee Cowan im Jahr 2018, anlässlich seines Rückzuges aus seiner aktiven Schauspielkarriere, zitierte er T. S. Eliot aus dessen Four Quartets:


„Es gibt nur das Versuchen, der Rest geht uns nichts an.“

Redford erklärte:

„Das ist einer meiner Lieblingssätze, weil man nicht garantieren kann, wohin einen das Versuchen führt. Man kann das Ergebnis nicht garantieren. Das Einzige, was wirklich zählt, ist das Versuchen. Dort liegt die Aktion.“

Robert Redfords Vermächtnis für den Umgang mit Scheitern – darin steckt eine Haltung, die nicht nur künstlerisch oder philosophisch, sondern auch unternehmerisch von größter Bedeutung ist. Eliot und Redford erinnern daran, dass Ergebnisse oft nicht in unserer Macht liegen. Was wir beeinflussen können, ist allein der Versuch: unser Handeln, unser Mut, unsere Bereitschaft, uns in Bewegung zu setzen – ohne Garantie.


Vielleicht liegt genau hier die Antwort auf die deutsche Scheu vor dem Scheitern. Wenn wir lernen, das Tun selbst als Wert anzuerkennen, dann verliert das Scheitern seinen Schrecken. Jeder Versuch, egal mit welchem Ausgang, ist ein Schritt nach vorne.

Redfords Worte wirken deshalb wie ein Vermächtnis: Sie laden uns ein, das Leben nicht an Erfolgen oder Misserfolgen zu messen, sondern am Mut zum Versuch. Eine Änderung des kollektiven Mindsets, das aus "Ätsch du bist auf die Schnauze gefallen" eher "Ok, das hat nicht geklappt, mach's beim nächsten Mal besser" würde uns allen helfen, mehr Mut und Lust auf die Zukunft zu haben.


Gerade in Zeiten, in denen Unsicherheit und Veränderung den Alltag prägen, ist dieser Gedanke aktueller denn je. Wir brauchen mehr Menschen, die sich trauen zu handeln, auch wenn das Ziel (noch) nicht feststeht. Denn, wie Redford sagte: „Dort liegt die Aktion.“


Die darin versteckte Haltung kann uns in vielen Situationen helfen kann:


  • Wenn jemand gründen will, aber Angst vor dem Scheitern hat. Ohne den ersten Schritt, ohne den Mut, die Idee auszuprobieren, bleibt alles nur ein Traum. Der Erfolg lässt sich nicht garantieren – aber ohne Versuch gibt es ihn gar nicht.


  • Wenn jemand einen neuen Job sucht, aber sich nicht traut, zu wechseln. Sicherheit scheint verlockend, doch Bewegung entsteht nur, wenn man den Schritt wagt.


  • Wenn jemand ein kreatives Projekt startet – ein Buch schreibt, ein Café eröffnet, eine Initiative ins Leben ruft. Niemand kann vorhersagen, ob es gelingt. Aber im Tun selbst liegt die Chance auf Veränderung.


  • Selbst im Privaten: eine neue Beziehung eingehen, ein Ehrenamt übernehmen, eine Reise machen, die außerhalb der Komfortzone liegt – alles beginnt mit dem Versuchen.


Redfords Worte machen Mut, weil sie das Ergebnis zweitrangig machen. Es geht nicht darum, sofort „erfolgreich“ zu sein. Entscheidend ist der Schritt nach vorne, das Tun selbst.


Vielleicht liegt hier der Schlüssel, den wir in Deutschland stärker annehmen sollten: Scheitern gehört zum Handeln dazu. Jeder Versuch – ob geglückt oder nicht – ist ein Schritt, der uns formt und weiterführt.




Impuls und Text:

Katja Peteratzinger, Int. Dipl.-Betriebswirtin (FH), Beraterin, Marketingexpertin, Medien- und PR-Spezialistin sowie Publizistin



Quellen: CBS Sunday Morning, Interview von Lee Cowan mit Robert Redford; die Passage mit Redfords Aussage findet sich ab Minute 07:09.



















Das Originalzitat von T.S. Eliot lautet:


“So here I am, in the middle way, having had twenty years— Twenty years largely wasted, the years of l’entre deux guerres — Trying to use words, and every attempt Is a wholly new start, and a different kind of failure …
But perhaps neither gain nor loss. For us, there is only the trying. The rest is not our business.”

bottom of page